Von Personas zur Sitemap – interdisziplinärer Workshop zum Etablieren nutzendenzentrierter Perspektiven im Relaunch-Prozess.
Zeitpunkt
Rahmen
Meine Rolle
Dauer und Teilnehmende
Kontext zum Workshop
Der Workshop wurde im Rahmen eines Relaunch-Projektes für die Website eines Forschungsinstitutes durchgeführt. Das Projekt begleitet ich als UX/UI-Designerin.
Dem Institut war es ein großes Anliegen, die Perspektive ihrer zentralen Nutzer:innen-Gruppen im Relaunch miteinzubeziehen. Gleichzeitig war auf Grund des engen finanziellen und zeitlichen Budgets kein Spielraum für einen umfangreichen User Research-Prozess.
Aus diesem Grund konzipierte ich einen Workshop, bei welchem wir die Teilnehmenden dazu anleiteten, die Perspektive der Nutzer:innen einzunehmen. Zudem luden wir einen möglichst interdisziplinären Kreis an Teilnehmenden ein, um verschiedenste Sichtweisen einzubinden – von Psycholog:innen über Kommunikations- und Nachhaltigkeitsbeauftragte bis hin zu Mitarbeitenden aus der Verwaltung und dem IT-Bereich.
Workshop-Ziele
🏁 inhaltliches Ziel
Gemeinsam herausarbeiten, welche Inhalte aus Sicht der zentralen Zielgruppen und aus Sicht des Institutes auf der neuen Website vorhanden sein müssen und wie diese strukturiert werden sollen.
⭐️ Übergeordnete Ziele für den Projektverlauf
Unsere Projektpartner:innen für die Perspektive der Nutzenden zu sensibilisieren und gemeinsam den Grundstein für die neue Website zu erarbeiten. So sollten im weiteren Projektverlauf alle Teammitglieder ein gemeinsames Verständnis davon zu haben, warum welche Entscheidungen getroffen wurden.
Agenda
Ausgangspunkt für der Workshop waren drei zentrale Nutzenden-Gruppen, welche das Institut in einem vorherigen Projekt bereits erarbeitet hatte. Ziel war es, am Ende des zweiten Tages einen ersten Entwurf der neuen Sitemap vorliegen zu haben.
Zwischen diesen beiden Punkten konzipierte ich einen sehr ambitionierten Workshopablauf. Am ersten Tag stand uns der große Pool an Teilnehmenden zur Verfügung, weshalb wir uns hier auf die Außenperspektive der Nutzenden fokussierten. Am zweiten Tag arbeiteten wir im kleinen Kern-Team und beschäftigen uns damit, wie sich das Institut nach außen präsentieren möchte und wie die beiden Perspektiven zusammengeführt werden können.
Dazwischen plante ich regelmäßige Pausen mit anschließenden, kurzen Warm-Ups ein - die manchmal zur Augenverdrehen führten, aber die Teilnehmenden immer mit einem Schmunzeln und Gemeinschaftsgefühl in die nächste Aufgabe entließen.
Personas entwickeln
Als ersten Arbeitsauftrag ließen wir die Teilnehmenden in drei Gruppen Personas zu den zentralen Zielgruppen entwickeln. Diese sollten keine Sammlung rein demographischer Angaben sein, sondern auch "soft facts", wie Wünsche und Frustrationspunkte dieser fiktiven Person, beinhalten. Die Teilnehmenden stellen die Personas anschließend humorvoll und lebendig der Gesamtgruppe vor.
💡 Ziel der Aufgabe
Im Team ein gemeinsames Verständnis darüber zu schaffen, für wen das Endprodukt gestaltet wird, sich von der eigenen Perspektive lösen und Diskussionen über bestehende Annahmen zu führen.
User Stories formulieren
Beim Entwickeln von User Stories ließen wir die Teilnehmenden erklären, warum die jeweilige Persona eine bestimmte Aktion auf der Website durchführen möchte.
💡Ziel der Aufgabe
User Stories helfen dabei, diffus formulierte Wünsche der User in konkrete Aktionen und die Beweggründe dahinter herunterzubrechen. Im nächsten Schritt bilden sie die Basis dafür die konkreten Inhalte und Funktionen zu definieren, welche die Website bereitstellen muss.
Prozesse skizzieren mit User Story Maps
Auf Basis der User Stories entwickelten die Teilnehmenden User Story Maps. Diese skizzieren die Schritte und Interaktionen, die ein User durchläuft, um ein bestimmtes Ziel auf der Website zu erreichen. Bei jedem Schritt wurden die Inhalte und Funktionen gesammelt, die das digitale Produkt an dieser Stelle beinhalten muss, um zum Ziel zu gelangen.
Dieser Schritt führte zu viel Diskussion in der Gruppe, doch es lohnte sich hier viel Zeit zu investieren, um mit einer stabilen Basis weiterzuarbeiten.
💡Ziel der Aufgabe
Die Aufgabe regt dazu an, sich im Team über konkrete Anforderungen an das Endprodukt auszutauschen und dabei immer die Nutzendenperspektive im Blick zu behalten.
Die Instituts-Perspektive
In einer schnellen Brainstorming-Session sammelten wir die wichtigsten Punkte, die aus Sicht des Institutes nach außen präsentiert werden müssen – und stellten fest, dass diese bereits alle in der User Story Map auftauchten.
In einer zweiten, schnellen Session schauten wir auf Inhalte, die auf der alten Website zu finden sind, aber noch nicht in der User Story Map auftauchten. Diese gingen wir durch und entschieden, ob sie wegfallen können oder, z.B. aus rechtlichen Gründen (Impressum, Datenschutz...), auf die neue Seite übernommen werden müssen.
💡Ziel der Aufgabe
Am ersten Tag tauchte die Sorge auf, dass Inhalte vergessen werden könnten – die Aufgaben zeigten zum einen, dass dies nicht der Fall war und stellten sicher, dass auch formelle Inhalt nicht vergessen wurden.
User Story Maps zusammenführen und Seiten identifizieren
Da bei den drei User Story Maps teilweise ähnliche Inhalte oder Themen austauschen, ließen wir die Teilnehmenden die drei Maps zu einer großes User Story Map zusammenführen. Inhalte wurden nach Themen geclustert und um die Punkte ergänzt, die wir in der vorhergegangenen Brainstorming-Session noch identifiziert hatten.
💡Ziel der Aufgabe
Diese umfangreiche User Story Map soll alle Anforderungen und Inhalte abbilden, die auf der neuen Website untergebracht werden müssen, ggfs. in Releases. Diese Übersicht ist eine großartige Basis, um eine neue Sitemap zu entwickeln.
Ein erster schneller Sitemap-Entwurf
Wir gaben den Teilnehmenden im nächsten Schritt 5 Minuten Zeit, um einen ersten Entwurf der Sitemap mit Karten auf dem Boden auszulegen – nach 5 Minuten stand jedoch nicht nur der erste Entwurf, sondern die (fast) finale Sitemap.
Da durch die vorherigen Schritte so ein großer Konsens über die nötigen Inhalte bestand, war sich das Team unglaublich schnell einig darüber, wie neue Seite strukturiert sein sollte. Bis auf kleine Anpassungen blieb dieser Entwurf so stehen.
💡Ziel der Aufgabe
Hier soll möglichst schnell ein erstes Gerüst sichtbar gemacht werden. In den wenigen Minuten ist kein Raum, um sich in Diskussionen über Feinheiten zu verlieren – diese können im Anschluss geführt werden.
Gut zusammen arbeiten
🤸 Warm-Ups und Check-Ins
... werden häufig als nervig und überflüssig empfunden. Auch bei diesem Workshop gab es "muss-das-sein"-Blicke, wenn es nach der Mittagspause erstmal ein Warm-Up gab. Doch jedes Mal sind die Teilnehmenden danach mit einem Schmunzeln zurück an die Arbeit gegangen und trotz anstrengender Diskussion blieb ein sehr gutes Gemeinschaftsgefühl bestehen. Auch für uns externe Moderator:innen halfen die kleinen Übungen, eine vertrautere Basis mit den Teilnehmenden zu schaffen. Dabei achtete ich darauf, dass sich bei den Warm-Ups nie jemand albern oder bloßgestellt vor den Kolleg:innen fühlte.
⚡️Spannungsspeicher
Trotzdem gibt es natürlich stets Themen, bei denen man sich in Diskussionen verfangen kann. Auch bei diesem Workshop hat sich wieder gezeigt, wie wichtig ein "Spannungsspeicher" ist. Dort werden solche Themengesammelt, vorausgesetzt sie sind für den weiteren Prozess nicht elementar wichtig. So werden diese Themen nicht vergessen und nehmen auch nicht die wertvolle Workshop-Zeit in Anspruch.
Takeaways und Learnings
👂 Aufmerksam und flexibel sein
Dieser Workshop lief großartig und wir konnten unser angestrebtes Ergebnis erreichen. Aber auch hier mussten wir spontan umplanen, eine Aufgabe anpassen, auslassen oder auf den nächsten Tag schieben. Ich habe wieder einmal festgestellt, dass es überhaupt nichts bringt, eine starre Agenda durchzudrücken. Statt dessen ist es wichtig, ein Gefühl für die Gruppe zu entwickeln, um flexibel Aufgaben anpassen und umplanen zu können.
🤝 gemeinsame Prozesse für erfolgreiche Projekte
Dieser Workshop zahlte sich in jeder Hinsicht aus: Da alle Verantwortlichen für das Projekt an diesem zentralen Entscheidungsprozessen beteiligt waren und selbstständig die Lösungen entwickelten, bestand im weiteren Verlauf ein extrem hilfreiches Grundverständnis dafür, warum welche Entscheidungen getroffen wurden. So wurden keine überflüssigen "können wir das nicht anders machen"-Schleifen gedreht, da sich die Verantwortlichen auf Instituts-Seite auch gegenseitig an die Entscheidungsprozesse aus dem Workshop erinnern konnten.
🤩 Spaß haben!
Ich glaube, dass es für die Moderation extrem wichtig ist, die Stimmung im Raum lesen und beeinflussen zu können. Natürlich spielt hier auch die Gruppendynamik des Teams eine riesige Rolle. Ich habe. hier nochmal eindrücklich erleben können, dass eine gute Balance zwischen Spaß und Ernsthaftigkeit wichtig ist, um mit Leichtigkeit voranzukommen und gleichzeitig mit fachlicher Tiefe gute Ergebnissen zu erarbeiten. Diese Balance hat mit dieser großartigen Gruppe genau gestimmt und ich möchte mich bei dem Instituts-Team und meinem Kollegen dafür bedanken!